Pilze schon im Sommer!?

Dsc03804
13.07.2018 • Naturwanderin

Pilze schon im Sommer!?

Wie komme ich ausgerechnet Mitte Juli auf die Idee, mir Gedanken über Pilze zu machen? Schon komisch, oder? Denn eigentlich gehen wir doch erst ab September / Oktober in den Wald zum Pilzesammeln.

Mir ist aber aufgefallen, dass es Pilze eigentlich das ganze Jahr über gibt – auch wenn wir meist nur Augen für Champignons, Pfifferlinge und Steinpilze haben. Sie sind nicht nur für Saucen, Wildgerichte und neuerdings auch für feine Desserts unverzichtbar, sondern auch ein wichtiges Puzzleteilchen im Ökosystem.

Gut sichtbare Pilze gibt es in der Schweiz etwa 6’000 Stück. Eigentlich eine ganze Menge, wenn man bedenkt, wie wenig Arten man selbst eigentlich kennt. Neben den Top 10 existieren auch Pilze mit den skurrilen Namen wie Geschmückter Schleimkopf, Klapperschwamm, Bauchwehkoralle, Säufernase oder Stinkmorchel.

Ihr Aufbau, die Vermehrung und die Lebensweise sind so merkwürdig andersartig, dass Robert H. Whittacker 1970 den Vorschlag machte, Pilze einem eigenen Organismenreich zuzuordnen. So sind sie weder Tier noch Pflanze.

Was hat zuerst existiert, der Baum oder der Pilz? Keiner der beiden kann ohne den anderen. Das Ganze hier nennt sich Symbiose. Die Pilze erhalten von den Bäumen Lebensenergie in Form von Zucker, der Pilz versorgt den Baum im Gegenzug mit Stickstoff und Phosphor. Dies ist für den Baum die Traumvorstellung.

Neben den „sozialen“ Pilzarten gibt es allerdings eine Unmenge von parasitär agierenden Pilzen. Sie zapfen die lebenden Organismen an und zweigen bestimmte Nährstoffe ab, die sie fürs eigene Überleben benötigen. Eine dritte Pilzgruppe hat sich auf den Abbau toter organischer Substanzen spezialisiert und bezieht auf diese Weise ihre Nahrung.

Wie auch immer sich die Pilze ernähren, die gewonnenen Stoffe werden durch das unterirdische Wurzelgeflecht wieder dem Kreislauf zugeführt.

Man ist tatsächlich nur auf der sicheren Seite, wenn man sich mit den Pilzen sehr gut auskennt. Es gibt leider kein Merkmal, das eindeutig auf die toxische Wirkung hinweist. Und das bei etwa 30 verschiedenen Pilzarten, die tödlich sein können!

Nach bereits 30 g Gift werden Leber und Niere zerstört, erste Anzeichen machen sich nach 8 – 12 Stunden bemerkbar. Das wäre dann auch der Zeitpunkt, einen Arzt aufzusuchen.

Am besten lässt man es aber erst gar nicht so weit kommen und bringt seine Ausbeute zur Bestimmung zu einer Pilzkontrollstelle: http://www.vapko.ch/index.php/de/

Sobald ich mich davon überzeugt habe, dass es sich bei meinem Fund definitiv nicht um einen Fliegenpilz, Satansröhrling oder Knollenblätterpilz handelt, zücke ich mein Sackmesser… oder besser nicht? Auch dieses Mal stelle ich mir die Frage, ob es wohl besser wäre, den Pilz aus dem Waldboden auszudrehen anstatt abzuschneiden. Aber mal ganz logisch gedacht, es macht eigentlich gar keinen Unterschied. Die Sporen sitzen fest verankert in den Hütchen. Demnach ist es wohl am besten, man lässt jeweils mindestens ein Exemplar stehen, damit es seine Sporen zu gegebener Zeit an Ort und Stelle verbreiten kann.

Und nun, wie bringt man die mühevoll gesammelten Pilze am besten unbeschadet nach Hause? Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man seine Schätze nur im äussersten Notfall in einer Plastiktüte aufbewahrt. Lieber noch ziehe ich mir das T-Shirt ab und wickle sie dort ein. Die Pilze fangen im Plastik zum Schwitzen an, werden feucht, kleben zusammen, werden unansehlich und lassen sich fast nicht mehr putzen. Durch den Hitzestau im Plastik verderben die Pilze auch relativ schnell.

Besser, man hat einen Baumwollsack im Rucksack dabei oder geht direkt mit einem Körbchen auf die Jagd nach den Leckerbissen.

Kreativ und experimentierfreudig sollte man sein, wenn man sich auf bislang unbekanntes Terrain wagt. So die Studierenden der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften, die im Wahlfach Wildpilze kurzerhand das Kochbuch Amour Fou – Pilze zum Dessert herausgebracht haben. Sehr zu empfehlen ist das Rezept „Sommersteinpilze an Balsamico-Karamell mit Szechuan-Pfeffer und marinierten Erdbeeren“ (https://www.hafl.bfh.ch/fileadmin/docs/Home/Services/Medien/2015/amour-fou_auszug.pdf, S. 82f). Nachdem die Erdbeerzeit leider schon vorbei ist, würde ich stattdessen ganz einfach Himbeeren oder andere Beeren verwenden.

Naturwanderin

Mehr Infos

Kommentare

Noch keine Kommentare

Artikel wurde dem Warenkorb hinzugefügt.