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Praktisch

Damit die Lust am Wandern bleibt

In wenigen Monaten erwacht der Bergfrühling. Wer sich noch etwas eingerostet fühlt, fängt am besten gleich mit dem Wandertraining an. Sportphysiotherapeut Daniel Bitschnau verrät, mit welchen einfachen Schritten es mit der Fitness aufwärtsgeht.
24.03.2025 • Text: Nathalie Stöckli
Dani_Bitschnau

Daniel Bitschnau

«Wenn du die Welt bewegen willst, fang an, dich selbst zu bewegen», heisst der Leitspruch des diplomierten Sport physiotherapeuten Daniel Bitschnau. 2014 gründete er seine eigene Praxis Vita Physio. In seiner Freizeit ist der passionierte Kletterer, Bergsteiger und Skifahrer oft in der Natur unterwegs. Er weiss, worauf es beim Sport in den Bergen ankommt und wie müde Waden wieder fit werden. Der Sportphysiotherapeut schlägt in Kombination mit 30- bis 45-minütigen Spaziergängen drei Übungen vor, die man auch zu Hause machen kann, immer wieder oder zwischendurch.

Wandern hält bekanntlich fit. Das Schöne an diesem Sport: Fast jede und jeder kann es, man benötigt dazu keine besondere Technik. Und trotzdem kann man, gerade bei Bergwanderungen, rasch an seine Grenzen kommen, technisch wie auch konditionell. Um Wanderungen im steilen und unebenen Gelände oder über lange Strecken gewachsen zu sein, ist eine gute körperliche Verfassung wichtig. Die entsprechende Fitness steigert nicht nur die Freude am Wandern, sondern senkt auch das Unfallrisiko.

Doch wie bringt man sich nach einer Winterpause wieder in Form? Und für wen empfiehlt sich ein Vorbereitungstraining überhaupt? DAS WANDERN hat dazu den Sportphysiotherapeuten Daniel Bitschnau befragt, der sagt: «Ein Training empfiehlt sich für alle! Damit lerne ich meinen Körper besser kennen, und ich weiss auch in anstrengenden oder herausfordernden Situationen in den Bergen, wie er funktioniert und wo meine Grenze liegt.» Um eine Überforderung zu vermeiden und damit verbundenes Verletzungsrisiko zu reduzieren, ist es ratsam, eine Wanderung zu wählen, der man punkto Schwierigkeit, Fitness und Gesundheitszustand ganz generell gewachsen ist. Wer weiter hinauswill, kann mit einem Training Ausdauer und Kraft steigern. «Genügend Bewegung ist immer sinnvoll. Und je älter man wird, desto mehr macht ein Training Sinn, um fit zu bleiben», ergänzt Bitschnau. Nach einer Bewegungspause diene das Training auch dazu, die motorischen Grundeigenschaften des Körpers in Schwung zu bringen, sagt er, und empfiehlt zum Einstieg vier Schritte und drei Übungen, die sich ohne Geräte einfach in den Alltag integrieren lassen.

Schritt 1: Einfach loslegen

Der Vorsatz ist also gefasst, das Wandertraining kann beginnen. Los gehts. Doch prompt meldet sich der innere Schweinehund, der fl üstert, ob es denn wirklich losgehen müsse, bei diesem Wind und Wetter? «Ihn kennen wir alle», winkt Bitschnau ab: «Bei den einen tritt er als zahmes Schosshündchen auf, andere treten gegen die Widerstände eines Wolfes an.» Er rät: «Da kann ich nur sagen: Einfach machen!» Denn fürs Wetter gibt es entsprechende Kleidung, und die frische Luft stärkt das Immunsystem. Ausserdem bleibt sowieso keine Zeit zum Herausschieben. Der ideale Zeitpunkt, um mit dem Training anzufangen, ist drei Monate vor der Wandersaison.

Schritt 2: Ausdauer steigern

Ausdauer ist die wichtigste physische Grundeigenschaft beim Wandern. Deshalb ist ein zentrales Ziel des Trainings, das Herz-Kreislauf-System in Schwung zu bringen und dadurch die Grundfi tness zu steigern. «Das Training sollte von der Belastung her möglichst nahe an jener einer Wanderung sein», betont Bitschnau. Dazu reiche ein fl otter Spaziergang von 30 bis 45 Minuten zwei bis drei Mal pro Woche. «Dabei würde ich auch gleich die Wanderausrüstung tragen. So kann etwa der neue Schuh eingelaufen werden, und Bein-, Hüft- sowie Rückenmuskulatur gewöhnen sich an ihn.»

Schritt 3: Kraft und Koordination

Ausdauer ist zwar wichtig, doch nicht alles – Kraft und Koordination sollten nicht vergessen werden. Unter Koordination versteht man die Steuerung des motorischen Systems. Ein Koordinationstraining kann etwa helfen, trittsicherer zu werden, was das Verletzungsrisiko senkt. «Das lässt sich einfach einbauen. Etwa mit Kniebeugen oder Ausfallschritten, die man während des Spaziergangs macht.» Wieder zu Hause geht es weiter: «Man kann beispielsweise dreimal 15 Kniebeugen machen, beim Treppenlaufen jeden zweiten Tritt nehmen oder gar rückwärts die Treppe hinaufgehen», schlägt der Sportphysiotherapeut vor.

Schritt 4: Schneller, höher, weiter?

Die ersten Trainings sind nun geschafft. Wie lassen sich Ausdauer und Geschicklichkeit steigern? Was ist besser: Möglichst an Kraft durch Tempo zulegen, oder eher Dauer und Schwierigkeit der Übungen erhöhen? Bitschnau: «Sowohl als auch. Ich würde zunächst im fl achen Gelände beginnen und das Tempo variieren. Dann im fl achen Gelände bleiben und mit einem Intervalltraining starten.» Heisst: Zwei Minuten so zügig laufen, dass die Herz- und Atemfrequenz steigt. Darauf folgt eine Minute aktive Regeneration mit gemütlichem Gehen. Dies wiederholt man fünf bis acht Mal. «Als weitere Trainingsvariation würde ich gelegentlich eine Route wählen, bei der es einige Höhenmeter zu überwinden gibt. Denn für die Bergwanderung muss auch das Auf- und vor allem das Abwärtsgehen trainiert werden.»

Fit wie ein Wanderschuh: die Übungen

1. Übung: Kniebeugen

Beine schulterbreit auseinanderstellen. Das Gewicht ist auf der gesamten Fussfläche verteilt, die Füsse bleiben während der Übung immer auf dem Boden. Bauchmuskulatur anspannen und beim In-die-Knie- Gehen den Po hinten absetzen bis leicht unter die Kniehöhe. Die Arme gehen dabei nach vorne, um das Gleichgewicht zu halten. Die Brust nach aussen strecken und den ganzen Oberkörper leicht nach vorne beugen, damit kein Rundrücken entsteht. Diese Position kurz halten und dann kontrolliert mit der Kraft aus den Beinen wieder hinaufdrücken. Der Kopf ist nach vorne gerichtet. Wichtig: Die Knie sollten eher nach aussen als nach innen gerichtet sein und in einer Linie mit den Zehen stehen. Beim Runtergehen einatmen und beim Raufgehen wieder ausatmen.

Anzahl: 3 Durchgänge à 10 bis 15 Wiederholungen.

Der Effekt: Diese Übung dient zur Kräftigung der vorderen Oberschenkelmuskeln und zur Aktivierung des Rückenstreckers, einer Muskelgruppe des Rückens.

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2. Übung: Ausfallschritt

Die Füsse stehen hüftbreit auseinander. Dann geht es in den Ausfallschritt, sodass beide Knie einen 90- Grad-Winkel bilden. Wichtig: Das vordere Knie sollte nicht über die Zehen gebeugt werden, sondern in einer horizontalen Linie mit dem Knöchel bleiben. Das hintere Knie schwebt leicht über dem Boden. Danach geht es wieder zurück in den neutralen Stand, und das andere Bein macht den Ausfallschritt. Dabei immer gut auf die Körperspannung achten. Beim Nach-vorne-Gehen einatmen und beim Zurück gehen ausatmen.

Anzahl: 3 Durchgänge à 10 bis 15 Wiederholungen.

Der Effekt: Diese Übung kräftigt die vordere und hintere Oberschenkelmuskulatur, den Gesässmuskel – der für ein stabiles Becken während der Lauf bewegung sorgt – und verleiht dem Rumpf eine Grundspannung.

3. Übung: Liegestütze

Hände auf Schulterhöhe positionieren. Die Fingerspitzen zeigen nach vorne. Auf eine gerade Körperlinie und eine feste Grundspannung achten. Dann langsam in die Tiefe gehen. Die Oberarme bleiben dabei eng am Körper, und die Ellbogen zeigen nach hinten. Der Kopf bleibt in der Verlängerung der Wirbelsäule. Kurz unten bleiben und kraftvoll wieder nach oben drücken. Beim Nachunten- Gehen einatmen und beim Nach-oben- Gehen ausatmen. So oft wie möglich wiederholen. Als einfachere Variante kann man sich auf einem erhöhten Gegenstand abstützen (zum Beispiel stabiler Tisch oder Bank). Noch eine Stufe einfacher sind Wandliegestützen. Wichtig ist, dass die Spannung im Rumpf gehalten werden kann. Deshalb lieber einfacher und sauber trainieren, als zu früh zu viel zu wollen.

Der Effekt: Die Übung hat das Ziel, Arme und Brustmuskeln zu stärken. Ein angenehmer Nebeneffekt ist, dass durch die Stützposition der komplette Rumpf angespannt und dadurch gestärkt wird.

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Nathalie Stöckli

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